Tubaworkshop Würzburg-Bamberg 2021 – Arbeitsname „Bammelburg“
In diesen unruhigen Zeiten Meisterkurse mit einem Tuba-Weltstar aus den USA mit Wohnsitz in Mexiko zu planen mag gewagt erscheinen. Am Ende machte uns aber nicht die allgegenwärtige Pandemie, sondern die Gesundheit des großen dreiundachtzigjährigen Meisters einen Strich durch die Rechnung: noch vor Antritt seines dritten von fünf geplanten Workshops erlitt Prof. Roger Bobo in Interlochen, Michigan einen gottseidank nur leichten Schlaganfall, von dem er sich nun langsam in der Klinik erholt. Zum Glück keine bleibenden Folgen! Jegliche Reisetätigkeit wurde ihm von den behandelnden Ärzten aber strikt untersagt, so dass er grade mal zwei Wochen vor Kursbeginn leider absagen musste.
Schon im Vorfeld gab es spannende Momente, so beispielsweise als Roger vor lauter Vorfreude seinen Flug nach Frankfurt a.M. um einen Monat zu früh gebucht hatte. Schnell merkte und korrigierte er diesen Fehler – schickte mir aber versehentlich die falsche, alte Flugbestätigung – und war dann für einen Tag nicht erreichbar, so dass ich Blut und Wasser geschwitzt habe, in Sorge dass Bobo in die falsche Maschine steigt und schon am 16. Oktober in Deutschland eintrifft. Ich bin an diesem einem Tag um 3 Jahre gealtert, bis die erlösende Nachricht kam, dass alles längst berichtigt ist…
Nun aber: seine Erkrankung, seine Absage, die Sorge um ihn – und die Frage, was man mit den bereits fertig geplanten Kursen an der HfM Würzburg und in Bamberg-Gundelsheim machen soll.
Unwahrscheinlich schnell konnte dank einer passenden Lücke in seinem dichten Terminkalender der „junge wilde“ Franzose Thomas Leleu gewonnen werden – seine spontane Zusage eine riesige Freude und bei mir große Erleichterung über den geretteten Hochschul-Meisterkurs.
Thomas brachte ganz frischen Wind in unsere fabelhafte Tubaklasse, 6 Studentinnen und Studenten dürfen nun seine Anregungen verdauen, so gibt es beispielsweise einen Tonleiter-Übungen-Adventskalender! Auch wollen jetzt ganz viele neue Techniken wie Multiphonics, Beatboxing, Zirkularatmung und einiges mehr trainiert werden!
Mein lieber Kollege Carsten Vollmuth hat sich perfekt um den Gast gekümmert – ich hatte Proben und Konzerte in Bamberg: Dan Brown (ja, der Thrillerautor, bekannt durch Illuminati und Da Vinci Code ist auch Komponist!): „Wild Symphony“ für Kinder, und bin deshalb erst am zweiten Kurstag hinzugestoßen.
Martin Matthies von Buffet Crampon bereicherte den Meisterkurs durch die mitgebrachten Instrumente, die – gut desinfiziert! – von den Studierenden getestet werden konnten.
Dann natürlich die Frage: Was machen wir mit dem Kurs in Bamberg? Hier ein breites Teilnehmerfeld, alle Leistungsstufen vom Schulkind über erfahrene Amateure bis hin zu Studenten auf dem Weg zum Probespiel waren vertreten.
Roger Bobo ist nicht zu ersetzen. Punkt.
Also: neue Planung, Konzeptänderung! Aus dem Meisterkurs wird ein breit aufgestellter Workshop mit Einblas- und Atemübungen für alle, gemeinsames Musizieren im großen Ensemble, Videoaufzeichnungen als Gruß an den erkrankten Roger Bobo, aber auch: Einzelunterricht, Probespieltraining sowie die Vorstellung historischer Instrumente.
Die drei bewährten Profis unter den angemeldeten Teilnehmern haben sich spontan bereit erklärt, die Durchführung des Workshops künstlerisch und pädagogisch mitzugestalten: Daniel Ridder vom Konzertorchester der Bundeswehr in Siegburg, Rainer Huss vom ORF Sinfonieorchester Wien sowie Helmut Achtzehnter aus Schifferstadt als Experte für Jazz und historische Instrumente.
Helmut hatte dann auch die herrliche Idee, unseren Workshop „Bammelburg 2021“ zu nennen – ein in so vieler Hinsicht passender Name! Bereits 2 Tage nach Kursende nämlich, ab dem 24.11., galten in Bayern streng verschärfte Corona-Maßnahmen, die eine Durchführung des Workshops völlig unmöglich gemacht hätten.
Tubisten sind kluge und freundliche Menschen: alle Erwachsenen waren geimpft, wir alle haben uns am Beginn eines jeden Kurstages getestet, so dass wir wirklich nur in Bezug auf die unselige Pandemie komplett negativ waren… Sonst war allgemeine Heiterkeit angesagt, die Leistung der Gastdozenten und aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer einfach grandios!
Mein persönliches Hilight war die unfassbare Kontra-Es-Tuba von Bohland und Fuchs, die Daniel Ridder mitbrachte: was für ein Ofen!
Die Herstellerfirma Eastman, die den Transatlantik-Flug Bobos finanziert hätte, hatte ihre Instrumente bereits im Vorfeld nach Bamberg geschickt, und der charmante Jean-Francois Bescond gesellte sich zu uns, um Rede und Antwort zu stehen, und seine Schätzchen am Ende wieder in seinem Kastenwagen nach Paris zu transportieren. Der kleine Ausflug des studierten Klarinettisten in die Tubawelt hat ihn schwer beeindruckt: was sind Tubisten für ein wunderbares Völkchen!!!
Am Ende: Dank an den Musikverein Gundelsheim, der uns seinen Probensaal im Vereinsheim mitsamt Partyküche zu wirklich günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt hat (seine Tiefblech-Mitglieder durften deshalb gratis teilnehmen), Dank an die so spontan eingesprungenen Gastdozenten, und natürlich: Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die trotz der Absage des großen Meisters, und trotz der widrigen pandemischen Umstände gekommen sind und durch ihre Teilnahme diesen Workshop zum unvergesslichen Erlebnis für alle Beteiligten gemacht haben!
Und – last but not least – mein großer Dank ans Deutsche Tubaforum, das durch seinen großzügigen Zuschuss die Durchführung des Workshops „Bammelburg 2021“